Freilaufender Hund trifft aggressiven angeleinten Hund - kein Schmerzensgeld

Freilaufender Hund trifft aggressiven angeleinten Hund - kein Schmerzensgeld
Ein freilaufender Hund trifft auf einen angeleinten aggressiven Hund. Ein Hundehalter verletzt sich bei diesem Zusammentreffen.
Haftet immer der Hundehalter des nicht angeleinten Hundes für Schadenersatz und Schmerzensgeld?
Eine Hundehalterin führte ihren angeleinten Schäferhund aus, als plötzlich von einem Grundstück ein unangeleinter Hund ankam. Die Hundehalterin des kleinen Hundes war gerade aus der Haustür getreten und wollte nur kurz zu ihrem Auto, als ihr kleiner Hund aus dem Haus schoss und auf den größeren Hund zulief. In der Befürchtung, der Schäferhund, der in diesem Augenblick an der Leine zog und nach dem kleinen Hund biss, könne dem deutlich kleineren Hund Verletzungen zufügen, ergriff die Hundehalterin mit der rechten Hand geführte Leine zusätzlich mit der linken Hand und zog ihren Hund ruckartig zurück.

Dabei erlitt sie aufgrund der Gegenbewegung ihres Hundes eine Fraktur des dritten Fingers sowie eine Strecksehnenruptur des zweiten Fingers der linken Hand. Die Verletzungen mussten operativ behandelt werden. Weitere Behandlungen und Schmerztherapien folgten und ein Dauerschaden sei nicht ausschließbar. Die Beweglichkeit der verletzten Finger sei dauerhaft eingeschränkt.

Freilaufender Hund trifft auf aggressiven angeleinten Hund - Wer haftet für die Verletzungen durch das Zusammentreffen der Hunde?
Die Hundehalterin des aus dem Haus entlaufenen Hundes habe für die Schäden einzutreten, weil sich in dem Unfall gerade die von einem unangeleinten Hund ausgehende Gefahr verwirklicht habe, so die Hundehalterin des angeleinten Hundes.

Der Hundehalterin des angeleinten Hundes verlangte einen Ersatz ihres Schadens und Schmerzensgeld i.H. v. 4.000 Euro von der Hundehalterin des unangeleinten Hundes.

Die Hundehalterin des entwischten freilaufenden Hundes entgegnete, ihr Terrier habe mit dem Schäferhund lediglich spielen wollen. Dieser habe ihren Hund jedoch sofort angegriffen, der umgehend die Flucht ergriffen habe. Die Verletzungen der Hundehalterin des angeleinten Hundes seien allein auf deren unsachgemäßen Versuch zurückzuführen, ihren Hund zurückzuhalten.

Wer haftet für Schäden die durch einen freilaufenden Hund entstehen? Und inwieweit ist die Hundehalterin selbst Schuld für die Verletzungen ihrer Hand, da sie in die Leine ihres Hundes eingriff um ihren aggressiven Hund zurück zu halten?. Mit diesem Fragen hatte sich das angerufene Gericht zu befassen.

Ein Anspruch aus Gefährdungshaftung gem. § 833 BGB besteht nicht. weil der Schaden nicht durch den Hund der Beklagten, der aus dem Haus lief verursacht worden ist. Erforderlich ist insoweit ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem tierischen Verhalten und dem eingetretenen Schaden, wobei das Verhalten des Tieres nicht die einzige Ursache gewesen sein muss, sondern eine adäquate Mitverursachung genügt. Stets muss aber ein zumindest mittelbarer Ursachenzusammenhang zur Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens bestehen, der auch dann vorliegen kann, wenn der Schadenseintritt auf einer psychisch vermittelten Vermeidungs-​, Ausweich- oder Schreckreaktion beruht (vgl. etwa OLG Oldenburg).

§ 833 BGB gebietet allerdings eine enge Auslegung in den Fällen, in denen bei einer Auseinandersetzung von Hunden die Verletzungen durch eine eigenverantwortliche Handlung des Geschädigten eingetreten ist, mit der gerade die von seinem Hund ausgehende spezifische Tiergefahr eingedämmt werden soll, mag diese sich auch als eine nicht fernliegende Reaktion auf die bloße Anwesenheit des anderen Hundes darstellen.


Aggression ging vom angeleinten Hund aus

Der physisch deutlich unterlegene Hund der Hundehalterin war zwar unangeleint aus dem Haus gelaufen, aber in erkennbar friedfertiger Weise zu dem größeren angeleinten Hund.

Es bestand keine Anhaltspunkte für eine bevorstehende, durch das Verhalten des Hundes heraufbeschworene Auseinandersetzung der Tiere. Statt dessen ging das aggressive Verhalten allein von dem grösserem Schäferhund aus, der sogleich nach dem frei laufenden Hund biss, sodass dieser aufjaulte und ins Haus zurück zu flüchten versuchte.

Wenn nun die Hundehalterin des angeleinten Hundes, diesen durch ein ruckartiges Zurückreißen versucht ihrem Hund von dem friedlichen Hund zurückzuhalten, um von diesem Gefahren abzuwenden, und sich dabei Verletzungen zuzieht, realisiert sich in dem eingetretenen Schaden nicht die vom Hund der Beklagten ausgehende typische Tiergefahr, sondern allein die des eigenen Hundes.

Die Hundehalterin haftet nicht automatisch für ihren freilaufenden Hund, weil ihr Hund ohne jedes Angriffsverhalten unangeleint auf die Straße gelaufen und der Hund der verletzten Hundehalterin hierauf in aggressiver Weise reagiert hat.

Auch für einen verschuldensabhängigen deliktischen Anspruch der verletzen Hundehalterin des angeleinten Hundes sei nicht geben Selbst wenn der Beklagten vorzuwerfen wäre, ihren Hund auf der kurzen Distanz von der Haustür bis zum wenige Schritte davor geparkten Pkw nicht angeleint zu haben, ist dieser Umstand nicht ursächlich für den der Hundehalterin des Schäferhundes entstandenen Schaden. Vielmehr beruhen die Verletzungen allein auf ihrer Reaktion, die darauf gerichtet war, ihren eigenen Hund zur Vermeidung einer ernsthaften Auseinandersetzung beider Hunde zurückzuhalten und deshalb durch das Verhalten der Beklagten nicht herausgefordert worden ist.

Das Gericht entschied deswegen zu Gunsten der Hundehalterin des freilaufenden Hundes.( LG Dessau)


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